Der Kabarettist Jürgen H. Scheugenpflug spricht in ein Mikrofon.

Ist das jetzt ein Grund zu feiern?

Der Kabarettist Jürgen H. Scheugenpflug über 90 Jahre Wuppertal

Aber sicher, denn es hätte auch heißen können: Wupperalis, Elbbarmen, Baelvort (für Barmen, Elberfeld vereinigter Ort) oder gar Hungerstadt. Letzteres war freilich ein Vorschlag der KPD, die obwohl knallrot, gerne mal Schwarz sahen. Also entschied man sich für den wenig kreativen Namen Wuppertal. So weit, so gut. Aber wer unsere Dörfer auf den Südhöhen kennt, der weiß auch, dass man dort Wuppertal lediglich als einen Ort zwischen Haan- Ost und Breckerfeld kennt und im Notfall mal ins Tal reist, um ein amtliches Krankenhaus aufzusuchen. In Beyenburg, Dönberg, Schöller und anderen Einöden kommt selbst das nicht in Frage. Da setzt man wie eh und je auf Selbstheilung. Nur am Einwohnermeldeamt hat man beim Anstehen genügend Zeit, mal die jeweils andere Spezies kennen zu lernen. Da wächst zusammen, was zusammen rumsteht.

Dennoch hat sich seit der Befreiung durch die britischen Truppen 1945 einiges getan. Aus dem herrlichen Prachtbau des Thalia- Theaters am Islandufer wurde das schmucke „Hängehochhaus“ der örtlichen Sparkasse, aus dem Odin-Palast in Oberbarmen erst ein räudiges Schuhgeschäft, dann ein griechischer Imbiss. Und aus der weltbekannten Schwebebahn ein ruhendes Fahrgeschäft. Und das ist interessant: Während keine 12 Monate nach der Kapitulation 1945 die Schwebebahn wieder verkehrte, benötigt man heutzutage wegen eines technischen Defektes ähnlich lange, sie wieder verkehrstüchtig zu machen.

Immerhin spürt man Aufbruchsstimmung in diesen Tagen. Zumindest, wenn man mal über die Nordbahn-Trasse wandelt. Wuppertal ist zumindest da zur Fahrradstadt geworden. Aber auch nur dort, denn in der Stadt sollte man als Radfahrer vorsichtshalber einen Blutspendeausweis bei sich tragen. Innovativstes Projekt der letzten Jahre ist die Neugestaltung des Hauptbahnhofs. Aus der unseligen „Harnröhre“ wurde ein ansehnlicher Vorplatz, das Eingangstor zur Elberfelder Innenstadt. Anders als im ehemaligen Reichsbahngebäude am Döppersberg kann im neuen Einkaufszentrum an der Kaiserstraße bereits eingekauft werden. Nun will ich das Projekt nicht über den grünen Clees loben, aber immerhin gibt es Hoffnung. Und die haben wir ALLE im Tal nötig.


Autor: Jürgen H. Scheugenpflug